Seit acht Jahren ist die Landjugend der Halbinsel Wittow auf der Insel Rügen aktiv in die Jungtierrettung eingebunden – mit Hingabe und Einsatzfreude zum Schutz der Jungtiere vor der Mahd. Es erfüllt uns als Jägerschaft mit Stolz, dass sich über Jahre hinweg gemeinsam zum Schutz der schutzbedürftigen Jungtiere in unserer Kulturlandschaft engagiert wird. Aus kleinen Unterstützern sind im Laufe der Zeit große Profis geworden, die alle technischen und organisatorischen Entwicklungen mitgemacht haben. Mit Routine und Klarheit, aber auch mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit, bringen sie sich ein – Erklärungen zu Abläufen und Handlungen sind längst nicht mehr notwendig.
Es erfüllt uns, die Jägerschaft der Halbinsel, mit Stolz zu sehen und zu erleben, wie aus Kindern junge Persönlichkeiten herangewachsen sind, die das Fundament des ländlichen Raumes für die kommenden Jahre und Jahrzehnte bilden werden. Diese Generation wird vieles anders machen – und das ist gut und notwendig, um nicht vom Fortschritt abgekoppelt zu werden. Gleichzeitig werden sie jedoch unsere Werte und unsere Art, mit der Natur, der Scholle, dem Wald und den Gewässern sowie deren Wildtieren nachhaltig zu leben und sie zu schützen, bewahren. Nach dem heutigen Morgen bin ich mir dessen mehr denn je sicher.
Auch unser eigenes Tun und Handeln als Jäger zu hinterfragen, ist ein wichtiges Zeichen.
Retten wir die Jungtiere nur, um sie später zu schießen?
Diese und ähnliche Fragen werden uns immer wieder gestellt. Als ich das erste Mal damit konfrontiert wurde, war ich irritiert – doch ich verstehe, warum diese Frage gestellt wird. In unserer heutigen Zeit wird Jagd für die 99,47 % der Bevölkerung Deutschlands, die keine Jäger sind, meist durch soziale Medien, Bilder, Berichte und Filme wahrgenommen – aus der Distanz und ohne direkten Kontakt. So erscheint es dem urbanen Betrachter paradox, dass Jägerschaften mit großem persönlichen Engagement vor Sonnenaufgang Wiesen und Felder absuchen oder mit Drohnen überfliegen, um Jungtiere und Gelege von Bodenbrütern vor dem Mähtod zu retten – und später im Jahr Rehe, Hasen und andere Wildtiere bejagen.
Wer so über uns denkt, versteht unser Tun nicht – und kennt oft nur unsere Oberfläche. Manche wollen vielleicht auch gar nicht wissen, was sich unter dieser Oberfläche verbirgt.
Denn nur derjenige, der sich für das Leben und den Schutz von Jungtieren einsetzt, übernimmt bewusst und ganzheitlich Verantwortung.
Jungtierrettung ist für uns, die Jägerschaft der Inseln Rügen und Hiddensee, kein PR-Gag. Sie ist Ausdruck unseres Werteverständnisses und unserer ethischen Haltung, die tief im jagdlichen Selbstverständnis verwurzelt ist und unseren Respekt vor dem Leben zum Ausdruck bringt. Die Jagd, wie wir sie leben und an die nächste Generation weitergeben wollen, hat ihr Fundament in Achtsamkeit und Nachhaltigkeit gegenüber der Natur, in der Verantwortung für die uns anvertrauten Wildtiere und deren Lebensräume – und im tiefen Bewusstsein, Teil eines größeren Ganzen zu sein.
Wir Jäger stehen in einer einzigartigen Beziehung: zu Wildtieren, zur Landschaft, zur Heimat und zur Gesellschaft. Aus dieser besonderen und vielschichtigen Verbindung erwächst Verantwortung – sie ist der Maßstab für unser Tun und auch für das, was wir unterlassen.
Jungtiere vor der Mahd zu retten und sie später zu bejagen, ist kein Widerspruch. Vielmehr ist es Ausdruck eines Ethikverständnisses, das weder romantisiert noch verdrängt. Es bedeutet, das Leben nicht zu instrumentalisieren, sondern ernst zu nehmen. Es bedeutet, klare Entscheidungen zu treffen – Entscheidungen, die nicht leichtfertig, sondern auf Grundlage von Wissen, Erfahrung und Gewissen gefällt werden.
Jungtierrettung ist Jagd. Sie ist Verantwortung. Und mit ihr gehen bewusste Entscheidungen einher. Selbstverständlich darf und soll Jagd kritisch gesehen werden. Aber bitte tut uns den Gefallen: Redet mit uns. Stellt Fragen. Hört zu. Und belehrt uns nicht, ohne unser Tun und Handeln differenziert, offen, respektvoll und wissensbasiert verstanden zu haben.
Weidmannsheil, die Jägerschaft der Insel Rügen und Hiddensee

















