unter Berücksichtigung dichtabhängiger und dichtunabhängiger Einflussfaktoren auf Rügen und Hiddensee
Auf Rügen und Hiddensee sind ganzjährig Wölfe und Goldschakale präsent. Hinzu kommen nachweislich auftretende Wildtierkrankheiten wie die Blauzungenkrankheit beim Schalenwild. Diese Faktoren beeinflussen die Populationsentwicklung des Rotwildes erheblich.
Der Jagdverband Rügen und Hiddensee sieht darin den Anlass, die Notwendigkeit eines Wildtiermanagements zu betonen, das den gesunden Erhaltungszustand der (Teil-)Populationen sichert und zugleich eine nachhaltige Nutzung ermöglicht.
Am Beispiel der Leitart Rotwild sollen Überlegungen angestellt werden, wie verschiedene Einflussfaktoren die Populationsentwicklung prägen und welche Konsequenzen sich daraus für die Jagdpraxis ergeben.
Zusammenfassung
Auf dem Jägertag 2025 stellte der Jagdverband unterschiedliche Szenarien zur Entwicklung der Rotwildpopulation auf den Inseln vor.
- Die Szenarien unterschieden sich jeweils nur durch einen oder zwei beeinflussende Faktoren.
- Werden weitere Faktoren berücksichtigt, steigt die Genauigkeit der Ergebnisse deutlich.
- Schon die Veränderung nur eines Faktors kann bei gleichbleibendem jagdlichen Einfluss innerhalb weniger Jahre erhebliche Auswirkungen auf Struktur, Altersklassen und Geschlechterverhältnisse haben.
- Beispiel: Wird die zusätzliche Sterblichkeit durch eine Krankheit nicht berücksichtigt, kann dies in kurzer Zeit zum Erlöschen einer (Teil-)Population führen.
- Beispiel: Ein höherer Zuwachs oder ein verschobenes Geschlechterverhältnis zugunsten weiblicher Tiere kann in wenigen Jahren zu einer Verdoppelung der Population führen.
Die Modellrechnungen zeigen außerdem: Der gesetzlich vorgeschriebene 3-jährige Abschussplan kann zu wellenartigen Populationsschwankungen führen. Ohne ein begleitendes, langfristiges Monitoring besteht die Gefahr einer fehlerhaften Bewertung der Populationsdynamik.
Daher ist ein jährliches und umfassendes Bestandsmonitoring unverzichtbar. Nur so können auch kurzfristig auftretende Einflüsse wie Krankheiten oder Naturereignisse innerhalb des 3-jährigen Planungszeitraums angemessen berücksichtigt werden.
Ziele und Ansätze
Der Jagdverband Rügen und Hiddensee entwickelte ein Rechenmodell zur Vorhersage von Populationsdynamiken.
Dieses Modell ergänzt laufende wissenschaftliche Projekte wie:
- das Projekt „Wild auf Wanderschaft“,
- die Besenderung von Rotwild zur Raum-Zeit-Analyse,
- Untersuchungen zur genetischen Vielfalt,
- das Monitoring von Wildtierkrankheiten (Träger: FLI).
Die Modelle wurden zusammen mit einem auf statistische Analysen spezialisierten Fachmann entwickelt. Grundlage sind die Wildbewirtschaftungsrichtlinie MV (WBR MV) und die Abschusspläne der Hegegemeinschaft Rügen und Hiddensee.
Der Algorithmus berücksichtigt dichtabhängige und dichtunabhängige Faktoren. Für jedes Altersjahr und Geschlecht werden mindestens 100 Szenarien berechnet und zu einem statistischen Mittelwert zusammengefasst.
Damit lässt sich die wahrscheinliche Entwicklung der Rotwildpopulation in den kommenden Jahren darstellen und für das Management nutzen.
Ergebnisse der Modellrechnungen
- In einem Modell wurde eine erhöhte Sterblichkeit durch Krankheit simuliert.
- In einem anderen wurde ein höherer Zuwachs angenommen als in der WBR angesetzt.
- Ein weiteres Modell betrachtete die Auswirkungen eines 3-jährigen Abschussplans auf die kommenden 10 Jahre.
Alle Modelle zeigen:
Die oft zitierte „typische Alterspyramide“ ist ein rein theoretisches Konstrukt.
Ein jährliches Populationsmonitoring ist unerlässlich, um einen gesunden und nachhaltig nutzbaren Bestand zu sichern.
Erst durch ein umfassendes Monitoring, das auch Zuwachs, Geschlechterverhältnisse, Prädatoren, Krankheiten, Parasiten, Wetter, Nahrungsangebot, Habitatveränderungen, Naturkatastrophen oder jagdliche Eingriffe berücksichtigt, können realistische und komplexe Modelle entstehen.
Nur so kann die Jägerschaft fundiert in den politischen Dialog über nachhaltige Entnahmen eintreten und den gesetzlichen Anforderungen zum dauerhaften Erhalt der Population gerecht werden.
Fazit
Ein jährliches Monitoring unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren ist unverzichtbar – gerade angesichts der 3-jährigen Abschussplanungen.
Der Landesjagdverband MV, die Hegegemeinschaften Rügen und Hiddensee sowie der Dachverband der Hegegemeinschaften MV sollten den Jägerinnen und Jägern ein wissenschaftlich basiertes Monitoringverfahren an die Hand geben.
Nur so können sie den Zielen einer nachhaltigen Jagd gerecht werden und auf die durch Wolf, Goldschakal und andere Umwelteinflüsse ständig veränderten Bedingungen reagieren.